In vielen gesellschaftlichen Bereichen fordern und leben wir Gleichstellung – doch ausgerechnet in der Medizin wird Gleichbehandlung oft mit Gleichheit verwechselt. Dabei sind die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau mehr als offensichtlich – und medizinisch hochrelevant. Zeit, dass wir das auch therapeutisch ernst nehmen.
⚖️ Gleichbehandlung ist nicht Gleichwirkung
Zwar steht in jedem Lehrbuch, dass sich Frauen und Männer biologisch unterscheiden – doch im klinischen Alltag spielt das häufig kaum eine Rolle. Die Symptome, Diagnosen und Therapieempfehlungen orientieren sich oft am männlichen Standard. Was dabei verloren geht: die passgenaue Behandlung.
🧠 Körperliche & hormonelle Unterschiede
- Frauen haben mehr Fettgewebe, Männer mehr Muskelmasse
- Das weibliche Hormonsystem unterliegt zyklischen Schwankungen – das männliche kaum
- Männer produzieren Spermien, Frauen können gebären
- Das Sprachzentrum ist bei Frauen meist stärker ausgeprägt, das männliche Gehirn durchschnittlich schwerer
Diese Unterschiede beeinflussen u. a.:
- Krankheitsrisiken & Verläufe
- Wirkung und Dosierung von Medikamenten
- Stoffwechsel, Verdauungszeit und Nebenwirkungen
🧪 Studienlage: Männlich dominiert
Wusstest du, dass die meisten Studien ausschließlich mit Männern durchgeführt wurden – und viele heute noch immer so angelegt sind? Gründe dafür:
- Frauen gelten durch ihren Zyklus als „zu variabel“
- Risiko unerkannter Schwangerschaften soll ausgeschlossen werden
- Männer haben ein vermeintlich geringeres Komplikationsrisiko
Die Folge: Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder Ernährungsempfehlungen sind häufig nicht ausreichend für Frauen erforscht. Manche Wirkstoffe haben sich für Frauen im Nachhinein sogar als gefährlich erwiesen – erst nach jahrelanger Anwendung.
💊 Dosierungen: Einheitsgrößen, die nicht passen
Frauen verstoffwechseln Medikamente oft langsamer – zum Beispiel verweilen viele Tabletten doppelt so lange im weiblichen Verdauungstrakt. Trotzdem liest man auf Beipackzetteln fast nie:
„Für Männer: 1 Tablette – Für Frauen: ½ Tablette.“
Dabei wäre genau das in vielen Fällen medizinisch korrekt.
📉 Von Contergan bis heute
Nach dem Contergan-Skandal wurden Frauen aus Studien weitgehend ausgeschlossen. Erst seit Kurzem ist es wieder verpflichtend, neue Medikamente an beiden Geschlechtern zu testen – doch die Nachholarbeit ist enorm. Und noch immer fehlen geschlechtsspezifische Leitlinien in vielen Bereichen der Schulmedizin.
🌿 Naturheilkunde: Den Menschen im Blick
In der Naturheilkunde haben wir einen entscheidenden Vorteil: Wir sehen nicht nur Geschlecht, sondern den ganzen Menschen. Zyklus, Lebensphase, Konstitution, emotionale und hormonelle Dynamiken – sie alle fließen in die ganzheitliche Betrachtung ein.
Und genau deshalb ist die Gendermedizin kein neuer Trend – sondern längst integraler Bestandteil unseres therapeutischen Alltags.
🔍 Wenn du tiefer einsteigen möchtest: Wir empfehlen dir, dich mit der aktuellen Forschung zur Gendermedizin vertraut zu machen und in deiner Anamnese gezielt Unterschiede zu hinterfragen. Denn Gleichbehandlung heißt in der Praxis: individuell behandeln – nicht gleich behandeln.